Startseite » Porträts » In einem Ozean der Emotionen ertrinken

Porträt Zlata Chochieva

In einem Ozean der Emotionen ertrinken

Die russische Pianistin Zlata Chochieva schöpft ihre Kraft und Inspiration aus der Natur.

vonStefan Schickhaus,

Eine gute Frage, die ein Leserbriefschreiber da unter einen Porträtartikel einer großen deutschen Wochenzeitung über die Pianistin Zlata Chochieva setzte: „Wieso diese Russ*innen immer noch so musikalisch sind – ich meine seit 21 Jahren Putin’scher Schreckensherrschaft –, wird mir immer ein Rätsel bleiben.“ Und er schrieb dies vor zwei Jahren, also noch vor Kriegsbeginn. Zlata Chochieva jedenfalls, die in Moskau und Salzburg studierte und heute in Berlin lebt, hat einen typisch russischen Werdegang vorzuweisen: Mit viereinhalb erster Klavierunterricht, mit fünf der erste Auftritt, da las sie Chopin-Walzer bereits vom Blatt – „Chopin war mein erster Komponist und mein größter Lehrer“. Mit acht Orchesterdebüt, mit zwölf spielte sie fürs Fernsehen. Mit 14 wurde sie unter die Fittiche von Mikhail Pletnev genommen – „die Arbeit mit ihm war das Beste, was mir passieren konnte: Er öffnete meine Seele als Künstlerin. Er hat mich über die Grenze zwischen einem Schüler und einem reiferen, mutigeren und künstlerischeren Menschen gebracht“, so Zlata Chochieva in einem Interview. Ein typisch russischer Werdegang, wirklich? „Russland ist voll mit Talenten, da ist das ganz normal“.

In der Isolation entdeckt Zlata Chochieva die Natur

Ihre ersten CDs drehten sich um ihre beiden Favorit-Komponisten Chopin und Rachmaninow, ihre Gesamtaufnahme der beiden Chopin-Etüden-Bände wurde vom Gramophone-Magazin in die Allzeit-Liste der zehn wichtigsten Chopin-Einspielungen aufgenommen. 2016 war das – mittlerweile hat die 1985 geborene Pianistin auch ungewöhnlichere Terrains erkundet, etwa die Verbindung von Mozart und Skrjabin auf dem Album „Chiaroscuro“ oder ganz aktuell ein CD-Programm unter dem Titel „Im Freien“. Es sei ein Projekt aus der Pandemiezeit, gab sie einem Magazin zu Protokoll, entstanden quasi aus der Entdeckung der Natur während der monatelangen Isolation. „Da habe ich verstanden, dass mir die Natur am meisten Kraft gibt. Sie ist meine größte Inspirationsquelle und hat Antworten auf viele meiner Fragen.“ Mit vertreten auf diesem Album sind die „Waldszenen“ von Robert Schumann, den sie schon früher als einen ihrer wichtigsten Komponisten bezeichnet hatte. „Schumann ist so schnell mit wechselnden Stimmungen (…).  Es ist, als ob das Leben uns in einem Ozean von emotionalen Erfahrungen ertränkt.“

Auch interessant

Rezensionen

  • Asya Fateyeva steht mit Hingabe für die Vielseitigkeit ihres Instruments ein.
    Interview Asya Fateyeva

    „Es darf hässlich, es darf provokant sein“

    Asya Fateyeva, Porträtkünstlerin beim Schleswig-Holstein Musik Festival, spricht über den Reiz und die Herausforderungen des für die Klassik so ungewöhnlichen Saxofons.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!