Rezensionen
Aktuelle Neuerscheinungen aus Klassik und Oper – ausgewählt und bewertet von der concerti-Redaktion.
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Buchrezension – Veerkamp & Verstegen: Bär ist nicht allein
Pianobär auf der Flucht
Das Bilderbuch „Bär ist nicht allein“ erzählt von der Kraftanstrengung des Musizierens.
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Rezension Antonello Manacorda – Beethoven Sinfonien
Homogener Zyklus
Gekonnt vermitteln Antonello Manacorda und die Kammerakademie Potsdam die Wucht in Beethovens Sinfonien.
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Rezension Matthias Hermann – Lachenmann: My Melodies
Spannende Dialektik
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und Dirigent Matthias Hermann setzen Helmut Lachenmanns „My Melodies“ kongenial um.
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Buchrezension – Michaela Fridrich: Pi-hsien Chen
Unter dem Radar
Michaela Fridrich zeichnet das Porträt der Ausnahmepianistin Pi-hsien Chen.
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CD-Rezension Isabelle Faust
Objektivierte Schönheit
Dies ist vollkommene Musik, gespielt von einer Geigerin, die nicht nur die traumwandlerische Technik und den analytischen Scharfsinn für Bach besitzt, sondern auch das Gespür, den Feinsinn und die Demut, um „dem Unerreichbaren durch unermüdliches Tieferdringen einen Schritt näherzukommen“, wie Isabelle Faust schreibt. Viel näher kann man Bach indes kaum kommen.…
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CD-Rezension Olga Scheps
Nie nur heiter
Wenn Franz Schubert sich einer tänzerischen Leichtigkeit verschreibt und Walzer, Menuette oder Impromptus erfindet, dann ist er nie nur heiter. Zwischen die gesellige Laune mischen sich tiefe Melancholie, Todesahnung und romantische Sehnsucht. In ihrer vorzüglichen Einspielung des vorgeblich unbeschwerten Schubert offenbart Olga Scheps sehr einfühlsam den doppelten Boden dieser grandiosen Klavierkunst.…
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CD-Rezension Eckart Runge/Jacques Ammon
Dankbares Drehbuch
Eckart Runge und Jacques Ammon meiden auch auf ihrer neuen Scheibe abgedroschenes Repertoire. Sie sind mittlerweile im Kinosaal angekommen, einem imaginären selbstverständlich, in dem Erinnerungen an legendäre Streifen wachgerufen werden. Oder auch nicht. Denn die Bearbeitungen der beiden Musiker wahren die Authentizität solcher Klassiker wie Herrmanns Psycho oder Nino Rotas…
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CD-Rezension Alexandre Tharaud
Vom Konzertpodium auf die Leinwand
Jetzt ist er also auch noch unter die Schauspieler gegangen: Im neuen Film Liebe von Michael Haneke spielt Alexandre Tharaud den zu einem gefeierten Pianisten gewordenen ehemaligen Schüler einer alten Klavierlehrerin. Auch wenn er im Film nicht sehr lange zu sehen ist – hören kann man deutlich mehr von ihm,…
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CD-Rezension Martin Tchiba
Lieblingsstücke
Klaviermusik der Romantik, der Moderne und der Neuen Musik hat sich der Pianist Martin Tchiba für seine aktuelle CD-Einspielung ausgesucht. Die Auswahl ist bewusst subjektiv, er habe die Stücke oft gespielt und irgendwann gemerkt, dass sie in ihm „emotional zu einer Einheit verschmolzen“ seien. So beschreibt er es im Booklet.…
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CD-Rezension Olena Kushpler
Mut und Können
Ein reines Mompou-Programm auf CD zu präsentieren, erfordert Mut. Und Können. Die enorm konzentrierte Musik des Katalanen eignet sich so gar nicht zur eitlen virtuosen Selbstdarstellung, sie ist auf das Wesentliche reduziert, kommt ohne überflüssige Beiwerk aus. Interpret wie Hörer tauchen in der äußeren Welt unter, um in der inneren…
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CD-Rezension Beethoven Duo
Glücksfall
Die Kombination Literatur und Klassik erfreut sich immer größerer Beliebtheit im Konzertbetrieb. Doch längst nicht jedes Projekt vermag zu überzeugen, allzu oft verkommt die Musik zur bloßen Untermalung. Ein kleiner Glücksfall also, wenn nun Walter Plathe in der eigens verfassten Erzählung „Oneway Moskwa“ als Stan Bulko ins moderne Russland reist…
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CD-Rezension Klaus Florian Vogt – Wagner: Lohengrin
Idealer Schwanenritter
Die vierte Veröffentlichung im Wagner-Zyklus des RSO Berlin unter Marek Janowski füllt für viele eine Lücke in der Lohengrin-Diskographie: Endlich kann man nun auch den derzeit besten Interpreten der Titelpartie auf Tonträger genießen. Klaus Florian Vogt ist ohne Zweifel ein Ausnahme-Lohengrin, so selbstverständlich und entspannt bringt diese Rolle sonst niemand…
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CD-Rezension Jukka-Pekka Saraste
Glühendes Farbenspiel
Keine Angst vor neuen Tönen: Arnold Schönberg konnte auch anders. Harmonisch, ausschweifend in seinen Gefühlen, spätromantisch gar – entsprechend schwelgend hat der Meister des Atonalen um die Jahrhundertwende Maeterlincks Drama Pelleas und Melisande in die Tonkunst übersetzt. Und Jukka-Pekka Saraste scheut den Wohlklang nicht, füllt den impressionistischen Klangwurm mit Spannung…
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CD-Rezension Hille Perl
Feinfühlig
In die vielfältigen Klangwelten Johann Schenks lädt Hille Perl auf dieser CD ein. Ob die Kunst der berühmten englischen Viol-Spieler, der französischen Hofmusik oder der aufkommenden italienischen Instrumentalmusik, der deutsch-niederländische Gambenvirtuose nahm alle Einflüsse seiner Zeit in seinen stets in Amsterdam veröffentlichten Werken auf. Das Spektrum der hier vorgestellten Stücke…
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CD-Rezension Iván Fischer
Mahler am Uraufführungsort
Iván Fischer, neuer Chef des Konzerthaus-Orchesters Berlin, hat Gustav Mahlers Erste eingespielt. An historischem Ort, in Budapest, wo das Werk 1889 uraufgeführt wurde. Mit dem von Fischer vor knapp einem Vierteljahrhundert gegründeten Budapest Festival Orchestra, das immer wieder für Furore sorgt. Iván Fischer gelingt es, die Vielfalt an Musiken und…
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CD-Rezension Richard Egarr
Entdeckung
Welch ein interessanter Fund: Christopher Gibbons, Sohn des berühmten Renaissance-Komponisten Orlando Gibbons, bekommt ein musikalisches Gesicht. Bevor Richard Egarr sich daran machte, sein Werk zu sichten und aufzuführen, war Christopher nur als Lexikoneintrag präsent, als bester Organist am Hofe Charles II in England. „Planlos und ein bisschen barbarisch“ nannte ein…
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CD-REZENSION JÜRGEN BRUNS
Neue Sachlichkeit in Hochform
In den 1920ern gehörte er zur Avantgarde: Ernst Toch, aus einer Wiener jüdischen Familie stammend und in Deutschland während der Weimarer Republik höchst erfolgreich. „Neue Sachlichkeit“, das war das Schlagwort für den frischen Wind, mit dem Toch und andere das Erbe der deutsch-österreichischen Romantik aufmischten. 1933 musste der Komponist vor…
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CD-Rezension Europa galante
Facettenreich
Stets auf der Höhe seiner Zeit war Georg Philipp Telemann mit seiner Musik: Was auch immer der Markt verlangte, der in Magdeburg geborene Komponist konnte es liefern. Der italienische, französische und der deutsche vermischte Stil flossen ihm gleichermaßen leicht aus der Feder. Stets abwechslungsreich, schwungvoll und voller Ideen sind seine…
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CD-REZENSION PAUL MEYER
Vergessener Romantiker
Die „schöne Musik von Spohr“ wird sogar im Roman Dracula von Bram Stoker erwähnt: Der aus Braunschweig stammende Louis Spohr gehörte im 19. Jahrhundert zu den berühmtesten Komponisten Europas. Nach seinem Tod ging die Zeit jedoch über ihn hinweg. Das ist nicht nachvollziehbar, wenn man etwa seine vier Klarinettenkonzerte hört,…
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CD-Rezension Mozart: Don Giovanni
Luxusbesetzung
Die neue Don Giovanni-Aufnahme der Deutschen Grammophon – entstanden bei konzertanten Aufführungen in Baden-Baden im vergangenen Jahr – lockt den Hörer mit einer wahren Luxusbesetzung. Und die hält auch größtenteils, was sie verspricht. Ildebrando d’Arcangelo ist ein maskulin-mitreißender Verführer mit kernigem Bass, Joyce di Donato eine berührende Elvira und Diana…
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CD-Rezension Julia Dahlkvist
Ein Hauch von Romantik
Zum Kernrepertoire der jungen finnischen Pianistin Julia Dahlkvist gehört das gesamte Klavierwerk Claude Debussys. Auf ihrem jüngst erschienenen Album ist der humorvoll-filigrane Zyklus Children’s Corner ebenso vertreten, wie – nebst mehreren kurzen Einzelstücken – Debussys spätes Meisterwerk: die spieltechnisch extrem anspruchsvollen Douze Études. Ein Hauch von nordischer Romantik weht durch…
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CD-Rezension Magdalena Kožená
Carmen fragile
Diese Carmen geht Simon Rattle schon in der rasanten Ouvertüre mit einer Delikatesse, Eleganz und klanglichen Schlankheit an, dass schnell deutlich wird: Er will mit seinen Berlinern zurück zu den Wurzeln des Stücks. Seine Einspielung fußt auf Fritz Oesers Fassung von 1964. Rattle liest Bizets klischeebelasteten Klassiker somit als opéra…
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CD-Rezension Christiane Karg
Ergreifend und mitreißend
Es ist kein geringes Kompliment, wenn man einer jungen Sängerin Popp-Qualitäten attestiert. Popp wie in Lucia Popp. So wie die viel zu früh verstorbene slowakische Sopranistin verfügt auch Christiane Karg über einen warm timbrierten Sopran mit sicherer Höhe und sehr guter Koloraturfähigkeit, ausgezeichnet in der Diktion, klar und rein im…
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CD-Rezension Sol Gabetta
Kratzbürstig
Mit dem Cello soll man singen. Sol Gabetta aber spricht, gackert und meckert, sie begehrt auf und mischt sich ein: Genau diese rhetorische Schärfe ist es, die Schostakowitsch wollte und die seine furiose Interpretin den schnellen Sätzen seines Cellokonzerts verleiht. Es geht um kämpferische Leidenschaft, Übermut und das Wagnis der…