Lieblingsstück Cédric Tiberghien
Cage: Sonaten und Interludien
Cédric Tiberghien findet seine Seelenruhe beim Spielen von John Cages „Sonaten und Interludien für präpariertes Klavier“
© Jean-Baptiste Millot

Cédric Tiberghien
Mein Lehrer am Pariser Konservatorium war eng mit John Cage befreundet. In meiner Studienzeit haben wir die „Sonaten und Interludien für präpariertes Klavier“ zwar nicht erarbeitet, jedoch sprach er sehr oft darüber. Ihm war wichtig, dass die sechzehn „Sonaten und Interludien“ kein Zyklus aus zwanzig Kompositionen sei, sondern ein in sich geschlossenes Werk. Als ich die “Sonaten und Interludien“ zum ersten Mal hörte, war es für mich ein Schock im besten Sinne! Das war kein Hören mehr, sondern eine meditative Erfahrung, eine Reise ins eigene Ich. Als ich das Werk in Angriff nahm, war mein Lehrer schon verstorben, so dass meine erste Aufführung in einer Londoner Galerie eine Art Hommage an ihn war.
Ein Weg durch die menschlichen Grundstimmungen
Als Pianist kann man bei diesem Werk seine eigene Klangwelt kreieren: Wenn man die jeweilige Größe der Objekte, mit denen man das Klavier präpariert, scheinbar unmerklich verändert, ist der Klang plötzlich ein ganz anderer! Deshalb braucht es auch seine Zeit, bis das Klavier präpariert ist – bei meiner letzten Aufführung habe ich dafür fünf Stunden gebraucht.
Das Werk selbst ist von der Philosophie und Musiktradition Indiens beeinflusst und letztlich eine Suche nach seelischer Harmonie, deren Weg durch die acht menschlichen Grundstimmungen führt: Humor, Verwunderung, Liebe und Ritterlichkeit als „weiße“ Seelenzustände sowie Zorn, Pathos, Angst und Ekel als „schwarze“. Das Stück mündet in eine Art Trance, wenn sich sechs Minuten lang ein Motiv permanent wiederholt. Man stellt das Denken ab und geht vollkommen in der Musik auf. Nach dieser klangvollen Reise hat man dann endlich die Seelenruhe gefunden.
Termine
Alina Ibragimova, Cédric Tiberghien
Webern: Vier Stücke op. 7, Schumann: Violinsonaten Nr. 3 a-Moll WoO2 & Nr. 2 d-Moll op. 121, Pärt: Spiegel im Spiegel
Rezensionen
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In perfekter Symbiose bringen Violinistin Alina Ibragimova und Pianist Cédric Tiberghien das Phantastische und Poetische in Mendelssohns Violinsonaten hervor. weiter
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Antoine Tamestit und Cédric Tiberghien loten die Gefühlswelten in den Werken für Viola und Klavier von Johannes Brahms kundig und mit viel Sensibilität aus. weiter
Rezension Alina Ibragimova & Cédric Tiberghien – Brahms
Bis ins letzte Detail ausformuliert
Keine andere Aufnahme erreicht die emotionale Dringlichkeit, mit der sich das Duo die spätromantische Welt Brahms zu eigen gemacht haben. weiter