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Schumann: Sinfonie Nr. 4 d-moll op. 120

Ein radikales Formkonzept, eine vom Publikum unverstandene Erstaufführung und eine jahrzehntelange Phase der Umarbeitung – Robert Schumanns Sinfonie Nr. 4 benötigte mehrere Anläufe, um sich im Konzertrepertoire zu etablieren.

vonJohann Buddecke,

Gleich nachdem Robert Schumann die Komposition an seiner ersten Sinfonie – heute unter dem Beinamen „Frühlingssinfonie“ bekannt – abgeschlossen hatte, stürzte er sich in die Arbeit an dem Nachfolgewerk. Was Schumann als zweite Sinfonie begann, sollte über zehn Jahre später als seine vierte Sinfonie in die Musikgeschichte eingehen. Die Ursache für die von der Chronologie abweichende Zählweise liegt im Abend des 6. Dezembers 1841, dem Tag der Uraufführung, begründet, als das Publikum mit Schumanns neuartigem Werkkonzept nichts anzufangen wusste.

Unverständnis bei der Uraufführung

Fast schon tragisch ist die Tatsache, dass die Sinfonie bei ihrer ersten öffentlichen Aufführung beim Publikum durchfiel. Denn für Schumann, der sich aus großer Freude über die bitter errungene Heirat mit Clara Wieck voller Tatendrang und Schaffenseifer an die Komposition machte, handelte es sich um eine aufrichtige Herzensangelegenheit. „Wahrhaftig meine nächste Sinfonie soll Clara heißen“, ließ er verlauten und stellte die Arbeit an dem Werk am 13. September 1841, dem 22. Geburtstag seiner geliebten Ehefrau fertig.

Die Sinfonie war jedoch andersartiger, als es sich das damalige Publikum vorstellte. Schumanns Konzept von einem durchkomponierten Werk ohne Pause, weg von der traditionellen viersätzigen Form hin zu einer offenen, sich fortlaufend weiterentwickelnden Struktur, stieß beim Publikum der Uraufführung auf Unverständnis. Zwar unterteilte Schumann das als „Symphonische Phantasie“ angelegte Werk in vier Sätze, wollte diese aber zusammenhängend, mit der Bezeichnung „attacca“ aufgeführt wissen. „Die Vierte Sinfonie ist Schumanns eigenständigster Beitrag zur Sinfonik“, schreibt Mathias Husmann dazu passend in seinen „Präludien fürs Publikum“.

Konzentrierter Klangcharakter

Nachdem die Uraufführung ohne jegliche Resonanz blieb, entschied sich Schumann, die Sinfonie zunächst nicht zu veröffentlichen und das Werk grundlegend zu überarbeiten. Ein Plan, den er erst nach dem Erfolg seiner Rheinischen Sinfonie in die Tat umsetze. Erst im Jahr 1853 erschien sie als seine vierte Sinfonie im Druck.

Die ursprünglich italienischen Satzbezeichnungen tauschte Schumann gegen deutsche Angaben, der größte Unterschied liegt jedoch nicht wie vermutet in der Form des Werkes, sondern vielmehr in der grundlegend überarbeiteten Instrumentation. Vormals solistisch besetzte Passagen sind in der zweiten Fassung meist in ganzen Stimmengruppen komponiert, was dem vormals transparenteren Klangcharakter in der zweiten Fassung deutlich konzentrierter wirken lässt. Die Uraufführung der revidierten Fassung erfolgte am 3. März 1853 – und wurde ein großer Erfolg.

Die wichtigsten Fakten zu Robert Schumanns Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120

Fassung von 1841

  1. Andante con moto – Allegro di molto
  2. Romanza: Andante
  3. Scherzo: Presto
  4. Largo – Finale: Allegro vivace

Fassung von 1853

  1. Ziemlich langsam – Lebhaft
  2. Ziemlich langsam
  3. Lebhaft – Trio
  4. Langsam – Lebhaft – Presto

Orchesterbesetzung

Zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte; vier Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen; Pauken und ein fünfstimmiges Streichorchester.

Spieldauer: ca. 32 Minuten

Uraufführung: Dezembers 1841 (Erstfassung), 3. März 1853 (Zweitfassung)

Referenzeinspielung

Schumann: Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120

Technisch auf höchstem Niveau präsentiert Günter Wand mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in dieser Einspielung die zweite, revidierte Fassung der vierten Sinfonie Schumanns. Die Interpretation überzeugt insgesamt durch Wands präzises Dirigat und einem auffallend transparenten Orchesterklang.

Termine

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Präludium

Buchcover: Präludien für das Publikum von Mathias Husmann(UA 1851 Düsseldorf) „Wahrhaftig, meine nächste Symphonie soll Clara heißen, und ich will sie dann abmalen mit Flöten, Hoboen und Harfen“ – und so ist sie auch, die d-moll Symphonie: eine schwarzhaarige Schönheit mit hellen Augen, streng und leidenschaftlich. Dabei gelang das Bild nicht auf Anhieb: 1841 als Symphonische Phantasie geschrieben, wurde sie erst 1851 nach erheblicher Umarbeitung veröffentlicht. Die Vierte Symphonie ist Schumanns eigenständigster Beitrag zur Sinfonik. Seine sinfonische Fantasie überschlägt sich: nichts entspricht traditioneller Form, alles ist offen, alles ist in ständiger Entwicklung, alle vier Sätze bilden einen einzigartigen Zusammenhang. Die unruhig um einen Ton kreisende Einleitung wird in der Romanze zu einem träumerischen Nachtstück mit schwärmerischen Violinsolo; dieses kehrt im Scherzo als walzerartig schwingendes Trio wieder. Die Exposition des 1. Satzes hat nur ein vorläufiges, Toccata-artiges Hauptthema und kein Seitenthema; das eigentliche, Marsch-artige Hauptthema bildet sich erst in der Durchführung. Das liebliche Seitenthema in seinem Gefolge übernimmt die Führung über den weiteren Satz. Die Reprise des Hauptthemas erfolgt zunächst verschleiert zu Beginn des Scherzos (in Moll), dann offen (in Dur) zu Beginn des Finales. Das Marschthema des 1.Satzes wird somit zum Hauptthema der ganzen Symphonie. Bezaubernd wirkt die Romanze in ihrem Mischklang von Oboe und Violoncello; unvergeßlich aber bleibt die langsame Überleitung zum Finale: das Scherzo ist eingeschlafen, nun geht die Sonne auf – man braucht nicht zu wissen, daß das erhabene Posaunenmotiv über dem Tremolo das riesig verbreiterte Hauptthema ist, um von der Schönheit dieses Augenblicks ergriffen zu sein. Schumann konnte musikalisch jubeln – am Ende seiner Vierten war ihm danach zumute! (Mathias Husmann)
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