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J. S. Bach: Johannes-Passion BWV 245

Emotionale Wucht und in sich gekehrte Kontemplation reichen sich in Johann Sebastian Bachs „Johannes-Passion“ die Hand.

vonMaximilian Theiss,

Von den fünf Passionen, die Bach komponiert hat, ist neben der „Matthäus-Passion“ nur die „Johannes-Passion“ vollständig erhalten. Zur Uraufführung kam sie am Karfreitag 1724 in der Nikolaikirche, ein Jahr nachdem Bach sein Amt als Thomaskantor angetreten hatte. In Rekordzeit schrieb der Komponist das opulente Werk innerhalb der Passionszeit nieder. Im Publikum wurde daraufhin der Vorwurf laut, Bach hätte die „Johannes-Passion“ zu opernhaft gestaltet – eine naheliegende Reaktion: Zurzeit der Passionsoratorien mit völlig neu geschriebenen Libretti ging in Leipzig bei vielen Gläubigen die Sorge um, dass der sakrale Charakter des Vortrags von Jesu Leidensgeschichte verlorenginge, wenn die musikalischen und literarischen Moden der Zeit zu viel Raum in der Vertonung fänden. Wobei gerade Beginn und Ende von Bachs „Johannes-Passion“ eine derartige emotionale Wucht entfalten, dass man eine Assoziation mit der Oper durchaus verstehen kann.

Ein Jahr später schrieb Bach denn auch in der Karwoche seine Passion noch einmal gehörig um und ersetzte unter anderem den Anfangs- und Schlusschor durch die Choralbearbeitungen „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ und „Christe, du Lamm Gottes“, die eher kontemplativen Charakter haben und nicht mehr diesen überbordenden Gefühlsausbruch wie der Eingangschor der ersten Fassung („Herr, unser Herrscher“). Zwei weitere Male bearbeitete Bach das Werk, wobei diese Fassungen sich stark an der ursprünglichen Version der „Johannes-Passion“ orientierten.

Sich durch die mannigfachen Aufnahmen durchzuhören lohnt sich

Wie bei der wenige Jahre später komponierten „Matthäus-Passion“ (sie kam 1727 zur Uraufführung) hat Bach den biblischen Bericht mit Kirchenchorälen und Arien durchsetzt, in denen das eigentliche Geschehen pausiert und dieses einer moralischen, theologischen oder auch menschlichen Reflexion unterzogen wird. Die Orchestrierung ist noch deutlich zurückgenommener im Vergleich zur „Johannes-Passion“ mit ihren verdoppelten Chören und Ensembles, was aber dem dramatischen Charakter keinerlei Abbruch tut.

Wie so oft bei Einspielungen von Bachs sakralen Werken lohnt sich übrigens ein Querhören durch die einzelnen Jahrzehnte, denn die Aufnahmen unterscheiden sich voneinander derart stark, dass man meint, hier völlig verschiedene Werke zu hören. Greift man etwa zur Einspielung von Karl Richter und dem Münchener Bachchor, die inzwischen über sechzig Jahre auf dem Buckel hat, denkt man angesichts des massig-groß besetzten, streckenweise schreienden Chors bisweilen nicht einmal mehr an Oper, sondern an die Bibelverfilmungen der Fünfzigerjahre. Das andere Extrem wiederum liefern Concerto Copenhagen und Lars Ulrik Mortensen mit einer schlanken, oft geradezu in sich gekehrten Erzählung der Passion.

Die wichtigsten Fakten zu Johann Sebastian Bachs „Johannes-Passion“:

Orchesterbesetzung: Sopran, Alt, Tenor, Bass, vierstimmiger Chor, Zwei Flöten, zwei Oboen, Streicher, Basso continuo. Zusätzlich: Oboe da caccia, Oboe d’amore, Viola d’amore, Viola da Gamba, Laute

Spieldauer: 1 ¾ – 2 Stunden

Uraufführung: Die Uraufführung fand am 7. April 1724 in der Nikolaikirche in Leipzig statt.

Referenzeinspielung

Album Cover für J. S. Bach: Johannes-Passion

J. S. Bach: Johannes-Passion

Joanne Lunn, Alex Potter, Nicholas Mulroy, Peter Harvey, Hanna Kappelin, Steffen Jespersen, Matthias Monrad Møller, Markus Bloch Jespersen, Concerto Copenhagen, Lars Ulrik Mortensen (Leitung) – Berlin Classics

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