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Bruckner: Die Neun Sinfonien / allgemeine Einführung

Wenn Bruckner komponierte, war er ruhig und sicher. Davor und danach war er hilflos – in jeder Beziehung. Manchmal veränderte er seine Werke „aus eigenem Antrieb“, manchmal aufgrund feindseliger, verständnisloser Kritik, meistens aber unter dem fatalen Einfluss wohlmeinender Freunde. Sie gaben ihm (ungefragt) Ratschläge – er stimmte devot zu, sie griffen eigenmächtig in seine Partituren…

Wenn Bruckner komponierte, war er ruhig und sicher. Davor und danach war er hilflos – in jeder Beziehung. Manchmal veränderte er seine Werke „aus eigenem Antrieb“, manchmal aufgrund feindseliger, verständnisloser Kritik, meistens aber unter dem fatalen Einfluss wohlmeinender Freunde. Sie gaben ihm (ungefragt) Ratschläge – er stimmte devot zu, sie griffen eigenmächtig in seine Partituren ein – er schluckte es (gelegentlich notierte er am Rand „gilt nicht“).

Im 20. Jahrhundert versuchten Musikwissenschaftler wie Robert Haas und Leopold Nowak, Bruckners Willen zu restaurieren. Heute steht jeder Dirigent vor dem Dilemma: Urfassung, Originalfassung, Fassung letzter Hand – was gilt? Kaum eine Partitur ist unangetastet, manches ist unwiederbringlich zerstört. Dennoch: Bruckners Musik leuchtet!

Man hat gesagt, Bruckner habe eine einzige Symphonie neunmal geschrieben – doch jede folgt ihrer eigenen Spur. Wahr ist: Alle neun sind unüberhörbar Geschwister.

Es waltet eine „vegetative Einheit“ (Karl Grebe):

– alle Kopf- und Finalsätze haben Sonatenform mit drei Themen,

– alle langsamen Sätze sind ähnlich gebaut, Elemente der Sonatenform gehen auf in der Barform: A (Exposition), A1 (Durchführung und Teilreprise 1), B (Teilreprise 2 und Coda),

– alle Scherzi sind dreiteilig: ABA.

Die drei Themen der Sonatensätze lassen sich – mit gebotener Vorsicht – so charakterisieren:

– Thema: „Ich“/„Geist“ – meist ein aus geheimnisvollem Tremolo hervortretendes Signal – „die Gnade der Inspiration“,

– Thema: „Du“/„Gefühl“ – meist eine vielstimmige, oft volkstümlich-tänzerische Kammermusik – „das Tal des Lebens“,

– Thema: „Es“/„Gesetz“/„Gott“ – meist unisono beginnend mit großer Steigerung – „das Gebirge der Ewigkeit“.

Zwischen den Themen pausiert die Musik – Bruckner kam von der Orgel, bei deren Spiel man Registrierpausen braucht. Diese Pausen entsprechen den Säulen der Kathedralenarchitektur, die Themen selbst werden zu Bögen des musikalischen Gewölbes. Der sakrale Charakter der Musik Bruckners liegt in ihrer Form begründet – die aufragende Coda eines Satzes entspricht dem Turm …

Die Harmonik Bruckners ist romantische Chromatik wie bei dem von ihm verehrten Wagner – für seine letzten drei Symphonien übernahm er aus dem „Ring des Nibelungen“ die Wagnertuben. Doch ein größerer Gegensatz ist kaum denkbar:

– Wagners Musik will – Bruckner lässt geschehen,

– Wagners Musik ist ichbezogen und sinnlich – Bruckner ist demütig und naiv,

– Wagners Musik ist bildhaft-theatralisch – Bruckners Musik entzieht sich aller Programmatik.

Nach Wagners Musik steht man mit gespitzten Lippen auf – nach Bruckners Musik bleibt man schweigend sitzen und möchte etwas Unfassbares nicht verlieren …

(Mathias Husmann)

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