
Rezension Kirill Petrenko – Mahler: Sinfonie Nr. 7
Meilenstein
Kirill Petrenko und das Bayerische Staatsorchester bringen Mahlers Siebte mit bronzener Schönheit und einem unverwechselbar rhapsodischen wie transparenten Musizierverständnis zum Leuchten.
Die Nummer eins des eigenen neuen Labels der Bayerischen Staatsoper spielt sofort auf einem schwindelerregend hohen Spitzenrang. Das ist angesichts der allein in München entstandenen Mahler-Referenzaufnahmen von Rafael Kubelik bis Mariss Jansons eine Großtat. Kirill Petrenko setzte in den Akademiekonzerten am 28. und 29. Mai 2018 mit dem mehrfach als Opernorchester des Jahres ausgezeichneten Klangkörper dazu an, eher das Melodische als das Kantig-Spröde auf Instrumenten zu ersingen. Kleinteiligkeit der motivischen Strukturen und große Bögen, kollektiver Glanz und konzentrierte Gestaltung der Einzelstimmen ereignen sich hier in dem 1908 in Prag uraufgeführten Riesenwerk immer gleichzeitig und übereinander. Dieses oft als melancholisch und abgründig bezeichnete „Lied der Nacht“ leuchtet mit bronzener Schönheit und einem unverwechselbar rhapsodischen wie transparenten Musizierverständnis. Trotzdem, auch das ist eines der nicht wenigen Wunder bzw. Verwunderungen dieses Mitschnitts, spürt und hört man die Zerrissenheit von Mahlers diatonischen Akkordverbindungen, allerdings ohne die leichtfertig herbeizitierten Auszehrungen und Kargheiten. Petrenko und das Bayerische Staatsorchester zelebrieren Fülle und Überfülle ohne Sättigung. Diese Ambivalenz von nur ansatzweise verdüsterter Schönheit und sehnsuchtsvoller Weite beinhaltet alle künstlerischen wie mutig persönlichkeitsstarken Voraussetzungen für einen Meilenstein der Mahler-Interpretation.
© Chris Christodoulou

Kirill Petrenko
Mahler: Sinfonie Nr. 7
Bayerisches Staatsorchester, Kirill Petrenko (Leitung)
Bayerische Staatsoper Recordings
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