Jan Vogler über „Cellomania“

„Kompositionen leben von der Individualität der Interpreten“

Mit „Cellomania“ integriert Jan Vogler ein Festival in die Dresdner Musikfestspiele, das dem Publikum neue Sichtweisen eröffnen soll

© Jim-Rakete

Jan Vogler

Die 41. Dresdner Musik­festspiele stehen unter dem Motto „Spiegel“. Dieses zieht sich auch durch „Cellomania“, eine besondere Konzertreihe im Rahmen des Festivals mit den großen Cel­listen unserer Zeit.

Herr Vogler, mit dem Begriff „Spiegel“ kann man vieles assoziieren: Dualismus, Realität vs. Virtualität, Blick in die Seele … Wie fassen Sie das Motto auf?

Jan Vogler: Wenn Sie bei einer Wanderung in den Bergen auf einen See stoßen und im richtigen Licht die Spiegelung der Berge sehen, dann schauen Sie stau­nend in diese Spiegelung, als würden Sie die Berge zum ers­ten Mal betrachten. Oft brau­chen wir die Fantasie und Re­flexion, um Dinge in ihrer ganzen Größe zu erkennen, das ist ein Faszinosum.

Und was genau kann die Musik widerspiegeln?

Jan Vogler: In der Musik spiegelt sich das ganze Leben, unsere Existenz, unsere Umwelt und unsere Emotionen. Hört man bei­spielsweise den Romantikern des 19. Jahrhunderts genau zu, dann wird man die Unterschie­de zum Leben in unserer Zeit genau hören. Das ist die viel­leicht wichtigste Reflexion – der „Spiegel der Zeit“ –, der in den großen Werken der Musik­weltliteratur für alle Zeit leben­dig bleibt.

In den diesjährigen Musikfestspielen ist mit „Cellomania“ gewissermaßen ein weiteres Festival integriert. Was gab den Anlass dazu?

© Felix Broede

Jan Vogler

Jan Vogler

Jan Vogler: Eine Hauptaufgabe der Musikfestspiele sehe ich darin, die Entwicklung der Musik in Deutschland mit zu beeinflussen. Das deutsche Musikleben ist mit seinen Festivals sehr verwöhnt, und doch braucht es immer wieder frische Impulse. Dazu gehört auch, dass ein Festival neue Ideen konzipiert und innovative Aspekte der Musik zum Wirken bringt. Daher wollen wir mit „Cellomania“ neue Sichtweisen auf die Musik ermöglichen. Außerdem hatte ich als Cellist das Bedürfnis, all meine großartigen Kollegen näher vorzustellen und auch das reiche Cellorepertoire gebündelt zu präsentieren …

… wobei die Bach-Suiten als Gipfelpunkt der Celloliteratur zweimal auf dem Spielplan stehen – interpretiert von insgesamt sieben Cellisten.

Jan Vogler: Genau. Als ich mit Yo-Yo Ma in New York über sein Konzert in Dresden sprach, hat er sich gewünscht, die Bach-Suiten zu spielen. Dann kam ich auf die Idee, zusätzlich zu Yo-Yo Mas Konzert die Suiten ein zweites Mal auf den Spielplan zu setzen, mit sechs verschiedenen Cellisten, um dem Publikum in dichter Abfolge zu zeigen, wie sehr ein Künstler seine eigene interpretatorische Handschrift in ein Werk einbringen kann. Ich freue mich schon sehr auf dieses Konzert, da die Cellisten unterschiedliche Generationen und Schulen repräsentieren.

Wie viele der eingeladenen Cellisten kennen Sie persönlich?

Jan Vogler: Die allermeisten. Das ist auch normal, denn Cellisten sind allgemein sehr gesellige Menschen und daran interessiert, ihre Kollegen auch näher kennenzulernen.

Woran liegt das?

Jan Vogler: Das Instrument prägt nun mal den Musiker, so dass man von vornherein viele Gemeinsamkeiten hat. Das Reisen mit dem Cello etwa ist eine komplizierte Sache: Man muss für sein Instrument einen Extrasitz buchen und manchmal auch den Sicherheitsbeamten erklären, dass bei Sprengstofftests das Cello nicht berührt werden darf. Das sind Erlebnisse, die alle hauptberuflichen Cellisten kennen und die uns miteinander verbinden.

© Felix Broede

Jan Vogler

Jan Vogler

Bei den Dresdner Musikfestspielen sind Sie sowohl als Cellist – unter anderem im Eröffnungs- und im Abschlusskonzert – wie auch als Gastgeber und Intendant zu erleben. Wie bringt man das unter einen Hut?

Jan Vogler: Die künstlerische Arbeit ist für mich ein permanenter Fluss. Ich hätte ehrlich gesagt große Schwierigkeiten damit, mehrere Wochen lang gar nicht zu spielen. Allerdings beschränke ich mich ganz bewusst auf eine klare Anzahl von Konzerten während der Festspiele. Diese Doppelfunktion als Intendant und Solist ist für mich eine sehr schöne und erfüllende Kombination.

Jan Vogler spielt Bach:

You are currently viewing a placeholder content from Youtube. To access the actual content, click the button below. Please note that doing so will share data with third-party providers.

More Information

Termine

Donnerstag, 11.04.2024 19:30 Uhr Laeiszhalle Hamburg

Eröffnungskonzert

Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Fest Hamburg
Donnerstag, 16.05.2024 20:00 Uhr Kulturpalast Dresden
Dienstag, 28.05.2024 19:30 Uhr Frauenkirche Dresden
Mittwoch, 29.05.2024 19:30 Uhr Deutsches Hygiene-Museum Dresden

Sound & Science

Dresdner Musikfestspiele
Dienstag, 04.06.2024 19:30 Uhr Kulturpalast Dresden
  • Montag, 10.06.2024 20:00 Uhr Schloss Hellenstein Heidenheim
    Sonntag, 16.06.2024 18:00 Uhr Halle 207 Rostock

    Jan Vogler, Norddeutsche Philharmonie Rostock, Marcus Bosch

    Gourzi: Variationen 21 „Furioso“ op. 80, Dvořák: Cellokonzert h-Moll op. 104, R. Strauss: Don Juan op. 20 & Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28

    Montag, 17.06.2024 18:00 Uhr Halle 207 Rostock

    Jan Vogler, Norddeutsche Philharmonie Rostock, Marcus Bosch

    Gourzi: Variationen 21 „Furioso“ op. 80, Dvořák: Cellokonzert h-Moll op. 104, R. Strauss: Don Juan op. 20 & Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28

    Dienstag, 18.06.2024 19:30 Uhr Halle 207 Rostock

    Jan Vogler, Norddeutsche Philharmonie Rostock, Marcus Bosch

    Gourzi: Variationen 21 „Furioso“ op. 80, Dvořák: Cellokonzert h-Moll op. 104, R. Strauss: Don Juan op. 20 & Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28

    Donnerstag, 04.07.2024 19:00 Uhr Johannes a Lasco Bibliothek Emden

    Rezensionen

    Rezension Jan Vogler – Popsongs

    Klassischer Pop

    Cellist Jan Vogler liefert einen individuellen Ritt durch die Musikgeschichte mit „Popsongs“ von früher und heute. weiter

    CD-Rezension Jan Vogler & Mira Wang – Doppelkonzerte

    Perfektes gemischtes Doppel

    Das Ehepaar Jan Vogler und Mira Wang suchte Werke, die es mit dem Doppelkonzert von Johannes Brahms aufnehmen können – und sind fündig geworden weiter

    CD-Rezension Jan Vogler spielt Schumann

    Blick auf Dresden

    Kerniger Schumann aus Dresden: Jan Vogler hat sein Stradivari-Cello mit Darmsaiten bespannt und meistert den Solopart ohne Mätzchen weiter

    Kommentare sind geschlossen.