Als man in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über den Niedergang sängerischer Leistungen im Spitzensegment lamentierte, bewies der am 6. September 2007 verstorbene Italiener Luciano Pavarotti mit Glanz und Gloria das Gegenteil – in ausverkauften Vorstellungen, für welche Enthusiasten tagelang anstanden und der Schwarzmarkt blühte. Applaus-Exzesse für Pavarotti wie nach „L‘elisir d’amore“ an der Deutschen Oper Berlin, „Un ballo in maschera“ überall und in seinem mit etwas Skepsis erwarteten Grenzgang als Radamès in „Aida“ an der Wiener Staatsoper sind legendär.
Seine Edelaufnahmen von „La Bohème“ und „Madama Butterfly“ mit Pavarottis ebenso aus dem norditalienischen Modena stammenden Kindheitsfreundin Mirella Freni unter Herbert von Karajan wurden als Deluxe-Vinylboxen wiederveröffentlicht und sind heute weitaus teurer als in den 1970ern die Ersteditionen: „Big P.“! Die auf DVD zu bestaunenden Videos zumal von „La Bohème“ verdeutlichen: Pavarotti war zwar kein moderner Sängerdarsteller, aber sein Charisma war keineswegs auf seine einzigartige Stimmqualität beschränkt; denn seine ausgeprägte und ausgefeilte Mimik als prachtvoll singender Poet Rodolfo wirkte stärker als jeder Regieaktionismus.

Passioniertes Nebeneinander von Pasta und Belcanto
Pavarotti hatte mehrfaches Glück. Die frisch globalisierte Opernszene gestattete ihm die ultimative Perfektionierung relativ weniger, immer passgenau ausgewählter Partien. Facherweiterungen wie „Otello“ unter Sir Georg Solti am Ende seiner Karriere blieben auf Tonträger beschränkt. Vor dem vorzeitigen Risiko zu schwerer heldischer Herausforderungen wie José Carreras und der artistischen Flatterhaftigkeit Plácido Domingos, der von Hüon in Webers „Oberon“ über Berlioz‘ „Béatrice et Bénédict“ bis zu Wagner fast alles ausprobierte, hielt Pavarotti sich generell fern. Dafür schwärmen noch viele von den mitternächtlichen Tafeleien nach den Vorstellungen bei Italienern um die Ecke der Opernhäuser. Da durfte immer ein Tross von Freunden und Fans mit.
Pavarotti lebte auch in seinen meist von italienischen Kanzonen gekrönten Konzerten mit dem sprichwörtlich serviettengroßen Taschentuch ein passioniertes Nebeneinander von Pasta und Belcanto. Das wegen akkumulierter Italo-Klischees zunächst belächelte Album „O Sole Mio“ wurde zum Longseller. Mit seinen Lieblingskonkurrenten Domingo und Carreras durchbrach Pavarotti spätestens beim Konzert „Die drei Tenöre“ in den Caracalla-Thermen von Rom am 7. Juli 1990 mit einer Milliarde Fernsehzuschauern die Schallmauer zwischen Klassik-Elite und Top Ten.
Aus Pavarottis Stimme strahlte stets die Sonne
Sein Vermächtnis: Zum einen gehören die vielen Gesamtaufnahmen von Opern Donizettis bis Puccini mit Joan Sutherland, in denen die australische Sopranistin das Belcanto-Entdeckungswerk von Maria Callas fortsetzte und erweiterte, zu Leuchttürmen der Diskografie. Unter diesen finden sich Sternstunden wie „Maria Stuarda“ und „La fille du régiment“, aber auch eine spezielle wie ernstzunehmende „Turandot“ unter Zubin Mehta. In einer imponierenden Serie Pavarottis mit Mirella Freni beeindrucken neben den Puccini-Blockbustern zum Beispiel eine jugendfrische Aufnahme von Mascagnis „L’amico Fritz“ und Rossinis „Guglielmo Tell“ unter Riccardo Chailly. Auch auf Tonträgern konzentrierte sich Pavarotti also auf das italienische Fach und hinterlässt beglückende Erinnerungen. Denn seine Stimme kannte keine Schatten, aus ihr strahlte immer die Sonne.