Früh übt sich – den Spruch hat Noa Wildschut wortwörtlich genommen. Schon als Zweijährige hat sie angefangen: mit Cello. „Meine Schwester hat damals Geige gespielt, und weil sie älter ist als ich, wollte ich unbedingt ein Instrument spielen, das größer ist als das ihre“, erzählt sie lachend. Mit vier hat sie sich dann für die Violine entschieden und ist ihr bis heute treu geblieben. 2007 trat sie beim bekannten „Kinderprinsengrachtconcert“ in ihrer Heimatstadt Amsterdam auf, ein Jahr später gab sie mit gerade einmal sieben Jahren ihr Debüt im großen Saal des Concertgebouws. Im Teenageralter reifte dann in Noa Wildschut der Gedanke, professionelle Musikerin zu werden: „Mir ist klar geworden, dass Musizieren für mich etwas ganz Besonderes ist und mir sehr viel Inspiration gibt.“ Unterstützung bekam sie dabei von ihrer Mutter, einer Geigenlehrerin, und ihrem Vater, einem Bratscher. Hat man da überhaupt noch die Chance, einem anderen Beruf nachzugehen? „Ich hatte nie das Gefühl, dass ich gepusht wurde oder Geige spielen musste.“ Mehr als ihre Eltern haben sie musikalisch vor allem ihre drei Lehrerinnen geprägt: Coosje Wijzenbeek, die Noa Wildschut bis zum Teeangeralter unterrichtete, Vera Beths, deren Studentin sie am Konservatorium von Amsterdam war, und aktuell Antje Weithaas an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Für alle Pädagoginnen hat die heute 21-Jährige nur liebevolle Worte: Von der ersten habe sie gelernt, intuitiv und von Herzen zu spielen, mit der zweiten habe sie ein neues Bewusstsein für die Musik entwickelt, und mit der dritten habe sie den Schritt gemeistert, unabhängig zu sein und an sich selbst zu arbeiten.
Education-Programme in Brasilien und Ecuador haben Noa Wildschut geprägt
Im Laufe ihrer Karriere hat Noa Wildschut renommierte Wettbewerbe gewonnen und stand mit zahlreichen Künstlern auf internationalen Bühnen. Ihre Erfahrungen teilt sie schon jetzt in Meisterkursen und Education-Programmen mit noch jüngeren Nachwuchskünstlern. Vor allem Projekte in Brasilien und Ecuador haben die Geigerin nachhaltig geprägt. Dort hat sie mit Kindern aus den Favelas zusammengearbeitet und erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Zeit: „Auf der einen Seite habe ich mich plötzlich unglaublich privilegiert gefühlt, andererseits habe ich gemerkt, wie kraftvoll Musik sein kann und dass sie imstande ist, Menschen zusammenzubringen.“ Am Ende sei sie mit einer neuen, frischen Perspektive auf die Musik und ihr Leben nach Hause gereist. Zu einem weiteren Höhepunkt ihrer Karriere zählt auch das Angebot des Tarisio Trust, eine Guadagnini aus dem Jahr 1750 zu spielen. Zwar habe es am Anfang gedauert, bis es „Klick“ gemacht habe, heute sei sie aber sehr froh, die Geige spielen zu dürfen. Vor allem die vielen Farben und der tiefe Klang des Instruments beeindrucken sie.
Im nächsten Jahr übernimmt Noa Wildschut beim Festspielfrühling Rügen die künstlerische Leitung. Seit zwei jahren arbeitet sie bereits an der Organisation der insgesamt 25 Konzerte. Ob sie später mal ein eigenes Festival leiten möchte, weiß sie noch nicht. Für die Zukunft wünsche sie sich aber, musikalisch weiter zu wachsen und die Distanz zwischen der Künstlerin auf der Bühne und dem Publikum aufzuheben. Vielleicht, so hofft sie, schaffe sie es dadurch auch, die jüngere Generation mehr einzubeziehen. Zeit genug, um sich ihre Träume zu erfüllen, hat sie in jedem Fall.