Porträt L'Orfeo Barockorchester

Erfolg von Anfang an

1996 als Studentenorchester gegründet, zählt das L'Orfeo Barockorchester heute zu einer festen Größe in der Musiklandschaft. In diesem Jahr feiert es sein 25-jähriges Jubiläum.

© Reinhard Winkler

L’Orfeo Barockorchester mit Michi Gaigg

L’Orfeo Barockorchester mit Michi Gaigg

Künstler, Regisseure oder Veranstalter – alle, die mit dem L’Orfeo Barockorchester zusammengearbeitet haben, schwärmen nicht nur von der Professionalität der Musiker, sondern auch von der herzlichen und familiären Atmosphäre, die dort vorherrscht. Im Gespräch mit Michi Gaigg wird schnell klar, was damit gemeint ist: Die Gründerin und Leiterin des Ensembles ist gut gelaunt, lacht viel und nimmt sich an der einen oder anderen Stelle auch mal nicht so ernst. Auf die Frage, woher die gute Stimmung im Orchester denn komme, gibt sie sich bescheiden. „Ich glaube, das liegt daran, dass es bei uns keine Egos oder Selbstdarsteller gibt. Es geht jedem um die Sache.“

Alleine fantastisch zu spielen reiche in einem freischaffenden Orchester nicht, auch das Zwischenmenschliche müsse funktionieren, sagt die Dirigentin. Das sei wichtig, damit wirklich tolle Musik entstehe. Wenn nicht, könne man im Konzert nicht spontan handeln. „Dabei sind das die schönsten Momente im Konzert, wenn man weggeht vom Erprobten, spontan etwas anderes macht – und das dann klappt!“ Ist es das, was das L’Orfeo von anderen Barockorchestern unterscheidet? „Ich denke, jedes Ensemble hat seine Eigenheiten. Das ist wie beim Wein und bei Dialekten“, lacht sie. „Vielleicht unterscheidet uns unsere sehr tänzerische Sprache.“

Der Geigenklang stand zunächst im Vordergrund

Seit mittlerweile 25 Jahren ist das L’Orfeo eine feste Größe in der Barockorchester-Landschaft. 1996 bekommt Geigerin Michi Gaigg, deren Begegnung mit Nikolaus Harnoncourt am Salzburger Mozarteum sie zu einem Studium der Barockvioline animiert hat, einen Lehrauftrag für Barockvioline an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. „Ich habe davor schon zwölf Jahre lang ein Orchester in München geleitet, bin dann aber aus familiären Gründen zurück nach Österreich gezogen. Schnell wurde mir dort klar, dass es ohne Orchester nicht geht.“ Gemeinsam mit Blockflötistin und Barockoboistin Carin van Heerden sowie einer Gruppe von Studentinnen und Studenten gründet sie kurz darauf das L’Orfeo Barockorchester. 

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Michi Gaigg (links) und Carin van Heerden

Michi Gaigg (links) und Carin van Heerden

Im ersten Jahr nach der Gründung stand vor allem der Geigenklang im Vordergrund. Dafür probten die Musiker die Serenaden von Benedikt Anton Aufschnaiter, was schließlich zu einem einheitlichen und homogenen Geigenklang führte. Anschließend haben sie die anderen Musiker-Gruppen dazu geholt und gemeinsam geprobt. Schon bald darauf spielten die Musiker das erste Album ein. Mit ihren Kontakten aus Deutschland und der Unterstützung des WDR gelang dem L’Orfeo ein beeindruckender und erfolgreicher Start in das Musikgeschäft.

Enge Zusammenarbeit mit Emma Kirkby

Von da an ging es weiter steil bergauf – auch außerhalb des Barockrepertoires. Die nunmehr über vierzig CDs umfassende Diskografie des Ensembles enthält Orchesterwerke, Opern und Ersteinspielungen vom französischen Barock über die Sinfonie des musikalischen Sturm und Drang bis hin zur Klassik und frühen Romantik. Bei ihren Konzerten und Auftritten bekommen die Musiker häufig Unterstützung von Solisten wie Christoph Prégardien, Nuria Rial oder Daniel Behle. Eine lange Beziehung pflegt das Ensemble aber zur britischen Sopranistin Emma Kirkby, mit der das Orchester schon ein Jahr nach der Gründung zusammenarbeitete. Für Gaigg war das ein „Wahnsinnsglück“, die Zusammenarbeit mit ihr ein „wahres Geschenk“.

2009 wurde dann das L’Orfeo Bläserensemble gegründet, die Leitung des Ensembles hat Carin van Heerden inne. Dazu gründen Gaigg und van Heerden 2013 an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz das Nachwuchsensemble Euridice Barockorchester. „Die Studenten hatten immer so viel Spaß an Kammermusikprojekten, dass uns die Idee kam, Musiker des L’Orfeo einzuladen, die die Gruppen leiten und die einzelnen Stimmen führen“, erzählt Michi Gaigg begeistert. Außerdem tritt das Ensemble regelmäßig auf den donauFESTWOCHEN im Strudengau, deren Intendantin Gaigg seit 2003 ist: „Es ist uns ganz wichtig, den jungen Menschen eine Möglichkeit zu geben, ins professionelle Berufsleben einzusteigen und sich besser zu vernetzen. Und das funktioniert nur, wenn man sie ins Leben schickt.“

Schubert war eigentlich nicht fürs Jubiläum geplant

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L’Orfeo Barockorchester

L’Orfeo Barockorchester

Für das Jubiläumsjahr hat sich das L’Orfeo Barockorchester eigentlich viel vorgenommen. Wegen der Corona-Pandemie mussten die Jubiläumskonzerte in Linz und Wien im Mai aber abgesagt werden. „Das hat uns sehr wehgetan“, erzählt die Leiterin, „aber wir haben im August noch zwei Konzerte mit reinem Bach-Programm.“ Da können zwar nicht alle L’Orfeos dabei sein, privat soll die Feier aber in großer Runde nachgeholt werden. Was trotz Pandemie geklappt hat, ist eine Gesamteinspielung aller Sinfonien und Fragmente von Franz Schubert.

Schubert im Jubiläumsjahr eines Barockorchesters? „Na ja, das war eigentlich nicht fürs Jubiläum gedacht, sondern schon 2018 geplant.“ In enger Zusammenarbeit mit der Schubertiade Hohenems hat das Ensemble bereits alle Sinfonien und Fragmente Schuberts live aufgeführt und wollte daraus eine Aufnahme machen. 2020 sollten einige Werke nachbearbeitet werden, dann kam die Pandemie. So ist das Projekt immerhin pünktlich zum Jubiläumsjahr fertig geworden. Die Aufnahme bezeichnet Michi Gaigg zwar als Mount Everest, aber auch als größten Erfolg des Orchesters.

Am Ende des Gesprächs muss die Dirigentin dann noch erklären, was eigentlich die Aufgaben des Junk-Food-Beauftragten innerhalb des Orchesters sind. Michi Gaigg lacht. „Der Junk-Food-Korb ist ein riesengroßer Strohkorb, der wandert. Die Aufgabe des Beauftragten liegt darin, dass er bei Proben und Konzerten immer mit Obst, aber auch mit Gummibärchen, Schokolade und Keksen gefüllt wird. Ein paar schöne Sachen für die Pausen eben.“ Vielleicht ist das ja das Geheimrezept für die gute Laune innerhalb des Orchesters.

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