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Offenbach: Die Großherzogin von Gerolstein

Alle Figuren in Offenbachs „La Grande-Duchesse de Gérolstein“ sind ein bisschen dumm wie der General Bumm, etwas bauernschlau wie die fesche Wanda oder etwas realitätsfremd wie die Großherzogin in ihrem Kokon aus Flirts und Charmeoffensiven. Daraus machte Jacques Offenbach für die zweite Pariser Weltausstellung 1867 ein federleichtes Antikriegsstück. Drei Ingredienzien hat die nach Orpheus in der Unterwelt, Die schöne Helena, Pariser Leben und Blaubart entstandene Opéra bouffe, zu der sich Offenbach mit Henri Meilhac und Ludovic Halévy von der entwaffnend attraktiven und skandalisierend rothaarigen Soubrette Hortense Schneider inspirieren ließen: Ein prickelndes Savoir-vivre, Offenbachs Kenntnisse der deutschen Kleinstaaten mit ihrer Gratwanderung zwischen Pomp und Pleitegeier und das Vorbild von Donizettis in Paris immer am Jahrestag des Sturms auf die Bastille gespielter Regimentstochter. Auch diese Opéra-comique, die bereits wie ein früher Offenbach klingt, ist ein Truppenbild mit Dame, das die französischen Streitkräfte in ein schillerndes Licht rückt.

Denn nur diese sind gemeint mit der bürokratischen Stumpfheit General Bumms, der Kriege als Job und Frieden als Fun betrachtet. Aber letztlich dreht sich alles um die Großherzogin, die sich in den weit unter ihr rangierenden Soldaten Fritz verguckt, ihn die Karriereleiter hochwuchtet und ihm noch vor deren Höhepunkt den Degen ihres seligen Papas aufdrängt. 

Wen hat man nicht alles in diesem Part erlebt? Eine echte Dame und feinsinnige Strauss-Interpretin wie Felicity Lott, eine Belcanto-Königin wie Vesselina Kasarova und die französische Wagner-Heroine Régine Crespin. Sie alle haben und hatten hintersinnige Freude daran, die junge Souveränin zu verkörpern. 

In der großen Kölner Jubiläumsproduktion zum 200. Geburtstag Offenbachs 2019 singt Jennifer Larmore und an den Bühnen Halle zeigt sich in der Besetzung mit Romelia Lichtenstein, dass Offenbachs Großherzogin dann am besten gelingt, wenn selbstreferentielle Diven-Pose, die Gabe der Selbstironie und ein kultivierter Instinkt für vokale Prägnanz zur Synthese gelangen. Denn dann wird das Militär nicht kriegerisch, sondern erotisch. Nicht die schlechteste Lösung. (Roland H. Dippel)

Interpreten

Kay Stromberg (Leitung)
Annegret Hahn (Regie)

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