Das Kleingedruckte an den Seitenrändern bedeutet mühsames Auseinanderklamüsern: Dort stehen die Angaben, ob und wenn wo die hier vorgelegten Mitschnitte schon einmal an die Öffentlichkeit gewandert sind. Das diskographische Erbe von Vladimir Horowitz ist auch heute noch eine begehrte Baustelle. „The Unreleased Live Recordings 1966-83” heißt die neue Edition mit 50 CDs, Mitschnitte aus Chicago, Washington, Oakland, Philadelphia, London u.a. Viele Programme sind doppelt, vieles war schon in anderen Zusammenstellungen im Handel, wenn auch nicht immer in Rein-Form. So hatte man beispielsweise die fünfte Skriabin-Sonate als Schnittware zweier Konzerte veröffentlicht, ebenso Schumanns Humoreske. Hier nun liegen diese Werke, mit allen manuellen Fehlgriffen, mit aller Verve, mit aller Unverfälschtheit, ungeschnitten vor. Man begegnet etlichen Vertrauten aus Horowitz‘ Laboratorium: Scarlatti-Sonaten, Schumanns Kinderszenen, Rachmaninows zweiter Sonate, Chopin, Liszt, und den beliebten Zugaben. Einiges lag bislang nur als LP vor, etwa das dritte Rachmaninow-Konzert unter Zubin Mehta 1978. Neu in der Diskographie ist etwa Schumanns Carnaval, aufgeführt 1983 einmal in Boston und einmal in New York. Auch Chopin Etüde Nr. 10 aus op. 25 ist neu. Wir erleben Horowitz, den Klangmagier, mal in seiner besten Verfassung, draufgängerisch, feinnervig, mal wirkt er etwas scheu oder gehemmt. Er war sich und der Welt oft ein Rätsel. Diese Edition bietet nicht nur Gelegenheit zum Bestaunen, sondern vor allem zum ausgiebigen Vergleichen.
CD-Rezension Vladimir Horowitz
Ewiges Rätsel Horowitz
Er war sich und der Welt oft ein Rätsel: Horowitz mit ungeschönten Live-Aufnahmen
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„Das holt mich nicht ab“
Tenor Julian Prégardien hört und kommentiert Aufnahmen von Kollegen, ohne dass er weiß, wer singt.
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