Günter Raphael war enorm begabt: „eines der besten Talente der jüngeren deutschen Generation“, von dem „zweifellos noch viel Gutes“ zu erwarten sei, schrieb 1936 Wilhelm Furtwängler über den Komponisten, der von den Nazis als „Halbjude“ eingestuft und dessen Musik ab 1939 verboten wurde. Die Sinfonien 2 bis 5 liegen als – zum Teil historische – Aufnahmen bereits vor. Die monumentale erste Sinfonie aber, ein Werk des 23-Jährigen, wurde erst jetzt von Fabian Enders und dem ORF Symphonieorchester eingespielt – und zwar in höchster Qualität. Man spürt beim Hören die Ambitionen des jungen Komponisten, das Erbe der Spätromantik mit den Errungenschaften der Moderne zu verbinden. Brahms, Reger, Mahler hört man da heraus, im zweiten Satz auch etwas Hindemith’sche Sachlichkeit. Mag Raphael seinen Stil hier auch noch nicht ganz gefunden haben, so ist das Werk insgesamt doch so gut gelungen, dass man trotz der 66 Minuten Dauer keine Längen empfindet.

Raphael: Sinfonie Nr. 1 a-Moll op. 16
ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Fabian Enders (Leitung)
Prospero