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Wo Mensch und Musik sich begegnen

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  • Wo Mensch und Musik sich begegnen

Ruhrtriennale 2025

Die Ruhrtriennale lockt vom 21. August bis 21. September mit einem spartenübergreifenden Programm.



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Die Zahlen sind imposant. Rund 630 Künstlerinnen und Künstler aus 38 Ländern entflammen bei der diesjährigen Ruhrtriennale den Spätsommer mit Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Performance, Konzert und bildender Kunst. In Bochum, Essen, Duisburg und Gladbeck verwandeln sich vier Wochen lang ehemalige Industriehallen in Bühnen für ebenso vielfältige wie außergewöhnliche Produktionen. Dabei verortet der belgischen Theaterregisseur Ivo Van Hove, der im zweiten Jahr als Intendant für die Programmierung des Festivals verantwortlich zeichnet, das Musiktheater im Zentrum der zahlreichen Sparten, mit denen die Ruhrtriennale in den letzten 22 Jahren zum Magnet auch für Besucher weit außerhalb der Region avancierte.

„I Did It My Way“ zitiert Van Hove denn auch gleich mit dem Titel seiner Eröffnungsproduktion in der Jahrhunderthalle Bochum den wohl bekanntesten Song Frank Sinatras. Der veröffentlichte 1970 mit „Watertown“ sein wohl persönlichstes Album. Von der damaligen Hörerschaft verschmäht, erzählt das tieftraurige Konzeptalbum die Geschichte eines weißen Mannes, der von seiner schwarzen Frau ohne erkennbaren Grund verlassen wird und fortan allein mit seinen beiden Kindern in der Kleinstadt Watertown zurechtkommen muss. Inspiriert von dieser Geschichte lässt Van Hove in seinem interdisziplinären Musiktheater die Schauspielerin und Sängerin Larissa Sirah Herden und Schauspieler Lars Eidinger mit Duetten und Soli von Frank Sinatra und Nina Simone aufeinandertreffen. Begleitet wird das ungleiche Paar bei dieser Uraufführung von vier Tänzerinnen und Tänzern sowie einer Big Band.

Auf den Spuren Frank Sinatras: Larissa Sirah Herden und Lars Eidinger in „I did it my Way“
Auf den Spuren Frank Sinatras: Larissa Sirah Herden und Lars Eidinger in „I did it my Way“

Techno-Party für Ravel

Menschen, die die Hochphase Sinatras und Simones noch miterlebt haben, kommen in der deutschen Erstaufführung von „We Are The Lucky Ones“ – ebenfalls in der Jahrhunderthalle – zu Wort. Interviews mit rund 80 Frauen und Männern, die in den 1940er-Jahren in Europa geboren wurden, bilden das Ausgangsmaterial für die Musik des britisch-deutschen Komponisten Philip Venables, der mit seiner Oper für acht Sängerinnen und Sänger gleichsam mosaikartig und mit stilistischer Sprunghaftigkeit das Porträt der 68er-Generation zeichnet. Ebenfalls in deutscher Erstaufführung zu erleben ist die „Rave-L Party“ von Les Apaches! Zum 150. Geburtstag von Maurice Ravel verwandelt das französische Kollektiv dessen „Boléro“ in der Maschinenhalle Zweckel in einen Jazz-Standard und schließlich – zusammen mit der Pariser DJ Tatyana Jane – in einen tranceartigen Techno-Hit mit aufwändigen Choreografien und virtuellen Backgrounds, zu dem das Publikum sich auf dem Dancefloor frei bewegen kann.

Bewegende Eindrücke verspricht auch David Langs neue Komposition „before and after nature“, mit der der in New York ansässige Komponist den Klimawandel aus der Perspektive unseres Planeten betrachtet. Ihm geht es nicht um Katastrophenszenarien und Schuldzuschreibungen, sondern um die Veränderungen, die unser Himmelskörper in Jahrmillionen durchläuft und die das Chorwerk Ruhr zusammen mit dem Instrumentalensemble Bang on a Can All-Stars in der Maschinenhalle klanglich einzufangen versucht, während Tal Rosners Videoprojektionen verschiedenste Naturszenarien visualisieren. Politisch Stellung bezieht dagegen ein Abend mit Liedern des US-amerikanischen Komponisten Tyshawn Sorey in der Turbinenhalle neben der Jahrhunderthalle.

Szenenbild aus „We Are The Lucky Ones“
Szenenbild aus „We Are The Lucky Ones“

Sowohl der von einem vierköpfigen Kammerensemble begleitete Zyklus „Cycles of My Being“ mit Tenor Levy Sekgapane als auch die 20-minütige Countertenor-Arie „Save the Boys“ – gesungen von Key’mon W. Murrah – sind Appelle an die Menschlichkeit gegenüber der schwarzen Bevölkerung in den USA. Die beiden Texte von Frances Ellen Watkins Harper und Terrance Hayes, die den Liedern zugrunde liegen, trennt mehr als ein Jahrhundert, und doch beschreiben sie die heutige Realität.

Auditive Forschungsreisen durch die Orgel

Mehr als hundert Jahre durchmisst auch die achtstündige Orgelmeditation „124 Years of Reverb“ von Jonny Greenwood. Das Orgelwerk des Radiohead-Gitarristen und Komponisten passt sich dem jeweiligen Alter der Kirche an, in der es aufgeführt wird – in diesem Fall die 1901 erbaute evangelische Kirche am Markt Katernberg. Die auditive Forschungsreise durch das Klangspektrum der Wilhelm-Sauer-Orgel ist inspiriert von Kompositionsprinzipien der karnatischen Musik Südindiens, deren Ausdruckspektrum sich an der menschlichen Stimme orientiert.

„Rave-L Party“ zu 150. Geburtstag von Maurice Ravel
Das Ensemble Les Apaches !  lädt zur „Rave-L Party“ anlässlich des 150. Geburtstags von Maurice Ravel

Mit einer geradezu betörenden Stimme wartet der Venezolaner Samuel Mariño auf. Der männliche Sopran taucht Bravourarien von Georg Friedrich Händel, die dieser Sopranistinnen und Countertenören zugedacht hat, in das queere Licht seiner strahlenden Klangfarbe. Instrumental veredelt wird der Abend „High on Händel“ in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord vom Originalklangensemble Capella Cracoviensis unter der Leitung von Jan Tomasz Adamus. Einen Blick in die Zukunft wagt in der Duisburger Kraftzentrale die Uraufführung von „Oracle“ unter der Regie von Łukasz Twarkowski. Das multimediale Theaterstück befasst sich mit dem tragischen Leben von Alan Turing, den Pionier der modernen Computertechnik, der aufgrund seiner Homosexualität zur chemischen Kastration verurteilt wurde, und spinnt dessen prophetische Erkenntnisse ins KI-Zeitalter weiter.

Akrobatik, Slapstick, Tanz und Musik

Einen Reigen poetischer Bilder für Zuschauende ab zehn Jahren zaubert indes die französisch-katalanische Tanz-, Theater- und Zirkustruppe Baro d’evel auf die Bühne der Kraftzentrale: „Falaise“ erzählt vom Untergang und der Wiedergeburt der Menschheit – mit Akrobatik, Slapstick, Tanz und Musik. Zu den Performerinnen und Performern gesellen sich ein weißes Pferd und ein Taubenschwarm.

„Falaise“ erzählt vom Untergang und der Wiedergeburt der Menschheit
„Falaise“ erzählt vom Untergang und der Wiedergeburt der Menschheit

Die hier vorgestellten Veranstaltungen bieten nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was die Besucherinnen und Besucher vom 21. August bis 21. September in den vier Städten Bochum, Duisburg, Essen und Gladbeck erwartet. In der Turbinenhalle gleich neben der Bochumer Jahrhunderthalle, die das Zentrum der Ruhrtriennale bildet, laden Intendant Ivo Van Hove und sein Team überdies jeden Dienstagabend Künstlerinnen und Künstler des Festivals zum Filmabend mit persönlichem Gespräch ein. Vielfältige Vermittlungsangebote flankieren die Triennale, deren Freundeskreis in diesen Sommer 20-jähriges Jubiläum feiert. Als Geschenk ans Publikum wird der Verein Treffpunkte in den Foyers einrichten, an denen Menschen, die die Ruhrtriennale ohne Begleitung besuchen, sich miteinander verknüpfen können. Denn schon immer war der lebendige Austausch das Herz dieses einzigartigen „Festivals der Künste“.

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