Dass Düsseldorf mit etwa 200 spielfähigen Orgeln über einen reichen musikalischen Schatz verfügt, ist noch nicht jedem Klassikliebhaber bekannt. Das Internationale Düsseldorfer Orgelfestival (IDO) rückt die Instrumente, die facettenreiche Kunst, auf ihnen zu musizieren, und ihre mannigfachen Klang- und Kombinationsmöglichkeiten jedes Jahr in den Mittelpunkt. Menschen allen Geschmacks sollen ihren Gefallen an Orgelmusik finden. Und der Erfolg gibt den Verantwortlichen recht: Das IDO-Festival, 2005 von Herbert Ludwig gegründet, hat sich mit rund 10 000 Besuchern pro Saison zum größten seiner Art in Deutschland entwickelt.
Unter der künstlerischen Leitung von Frederike Möller lädt es vom 26. September bis 3. November zu seiner Jubiläumsausgabe ein. Auf dem Programm stehen 50 Konzerte mit klassischer Orgelmusik, genreübergreifenden Formaten inklusive einer Jazzreihe sowie fünf Uraufführungen. Renommierte Künstlerinnen und Künstler bringen insgesamt 23 Orgeln in Düsseldorfs Kirchen, der Sammlung Philara, im Kino „Black Box“ und im Kulturzentrum Maxhaus zum Klingen.

Preziosen des Repertoires beim Internationalen Düsseldorfer Orgelfestival
Wer nur am Wochenende nach Düsseldorf reisen kann oder aber ein kompaktes, vornehmlich klassisches Angebot sucht, sollte sich die Reihe „Die Sonntagsorgel“ vormerken. In fünf klug zusammengestellten Konzerten sind Preziosen des Repertoires zu erleben. Allvater Bach wird in seinem 340. Geburtsjahr ebenso bedacht wie die großen Romantiker Brahms, Liszt, Reger, Franck und der kaum bekannte Jehan Alain. Reizvoll gleichsam die Programme zweier junger Künstlerinnen: Julia Raasch (5.10.) setzt auf Transkriptionen, etwa von Smetanas „Moldau“, während sich Lucile Dollat (6.10.) englischen und französischen Komponisten widmet. Den musikalischen Horizont erweitert ebenfalls das Porträtkonzert der argentinischen Komponistin Hilda Dianda, die sich in ihrer Düsseldorfer Zeit intensiv mit der Orgel beschäftigt hat. Das PART-Ensemble holt ihre längst vergessenen Klänge wieder in die Gegenwart (11.10.).

Besitzt die Orgel allein die Klangmöglichkeiten eines Orchesters, reizt doch ihr Zusammenspiel mit anderen Instrumenten – als Ohröffner, als Experimentierfeld oder im Dienst der Vielfalt. Wie gut Blockflöte und Orgel miteinander harmonieren, zeigen Dorothee Oberlinger und Peter Kofler am Tag der Deutschen Einheit in St. Antonius. In Martin Herchenröders neuem Werk „Poems of Heaven and Earth” entfachen sie lyrische Dialoge, in denen nicht nur an der Orgel Registrierungskunst gefragt ist. Der Hongkonger Konzertorganist Eric Chan wiederum verbindet in seinem Projekt „Pipe Organs Through East and West“ (27.10.) westliche Klassik mit traditionellen fernöstlichen Stücken in eigenen Arrangements für Orgel und die sogenannte chinesische Trompete Suona.

Interkulturelle und genreübergreifende Konzerte
Brückenschläge finden sich aber nicht nur in den klassischen Formaten. Das Ensemble Nu:n kleidet mittelalterliche Gesänge mit Saxofon, Gitarre, Live-Elektronik und Stimme in moderne Klanggewänder (15.10.). Das in der Metropole Ruhr beheimatete Transorient Orchestra (18.10.) wiederum wandelt auf interkulturellen Wegen und verbindet den Klang von Santur, Oud und Ney mit europäischen Bläsern sowie arabischem und türkischem Gesang. Fester Bestandteil des Festivals ist gleichwohl die musikalische Begegnung der „Königin der Instrumente“ mit 103 Bläserinnen und Bläsern aus dem Rheinland (31.10.). Apropos Königin: Die in sozialen Medien als „Queen of Organists“ gefeierte Anna Lapwood, die mit ihrer unprätentiösen Art und einem modernen Programm aus Filmmusik und Neoklassik auch bislang wenig orgelaffine Menschen für ihr Instrument begeistert, macht Halt beim IDO-Festival (25.10.).

Ein besonderer Höhepunkt kündigt sich mit dem Jubiläumskonzert „Mein Name ist Mensch“ an (4.10.), das Komponist und Produzent Hans Steingen und Dramaturg Stefan Kröger eigens für das Festival erdacht haben. In 14 Szenen spüren Musiker und Zuhörer darin nicht weniger als der Geschichte des Menschseins nach, lauschen und sehen im Kirchenraum eine poetische und zur Reflexion anregende Erzählung über unser aller Existenz, das gesellschaftliche Werden und die Frage nach dem, was uns im Innersten verbindet. Musikalisch reicht die Bandbreite des Abends von gregorianischem Gesang bis zu modernen Klangskulpturen, von barocker Pracht bis zu eigens arrangierter Filmmusik. Als Protagonist, Kommentator und lebendes Programmheft begleitet Schauspieler Johannes Hegemann.

Orgelklang neu erleben
Parallel zu den Konzerten präsentiert das IDO-Festival die Ausstellung „Modular Organ“ von Philipp Sollmann und Konrad Sprenger in der Sammlung Philara. Drei Monate lang (18.10.2025-25.1.2026) verwandelt sich die ehemalige Glaserei in einen begehbaren Resonanzraum. Die Installation, die seit 2017 in Zusammenarbeit mit Spezialisten aus dem Orgelbau, Experten der elektroakustischen Musik und Architekten kontinuierlich weiterentwickelt wird, besteht aus Pfeifen, Trichtern und anderen Klangerzeugern, die vom Orgelgehäuse losgelöst sind. Einzelne Töne und Klänge entstehen folglich mitten im und mit dem Raum selbst.