
Rezension Matthias Goerne – Im Abendrot
Eskapistisch
Bariton Matthias Goerne und Pianist Seong-Jin Cho verwandeln Lieder von Wagner, R. Strauss und Pfitzner in einen vollkommenen „Traum durch die Dämmerung“.
Soviel schönheitssatten Wohlklang muss man erst einmal können. Matthias Goerne will zeigen, dass das Abendrot des romantischen Kunstlieds über ein halbes Jahrhundert dauerte. Die harmonischen Schattenkronen werden länger und verschwimmen mit den beschworenen letzten Lichtspuren. Goerne artikuliert weich, plustert die Wesendonck-Lieder mit Edelvibrato auf und setzt nur einmal – in Carl Busses und Pfitzners „Lied der Sehnsucht“ – auf fast ironische Pointierung. Am Ende bemächtigt er sich sogar des fast immer Frauenstimmen vorbehaltenen „Im Abendrot“ aus Strauss› „Vier letzte Lieder“. Seong-Jin Cho wehrt sich mit luxurierenden, nie hinterfragten Akkordfolgen dagegen, dass man diese Klänge als Luftschlösser gegen die Miseren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entschlüsseln könnte. So wird das Album ein vollkommener, eskapistischer und auf eine Stunde gedehnter „Traum durch die Dämmerung“.
© Caroline de Bon
Matthias Goerne
Im Abendrot
Lieder von Wagner, Pfitzner & R. Strauss
Matthias Goerne (Bariton), Seong-Jin Cho (Klavier)
Deutsche Grammophon
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Termine
Matthias Goerne, L’Orchestre de Chambre de Genève, Raphaël Merlin
Schubert: Der Tod und das Mädchen D. 531, Der Jüngling und der Tod D. 545, Erlkönig D. 328 & Sinfonie Nr. 8 h-Moll D. 759, Mahler: Kindertotenlieder