
Rezension Eric Lu – Schubert: Klaviersonaten D 784 & D 959
Liedhaft
Mit tiefgreifender Reflexion meistert der gerade 25-jährige Pianist Eric Lu Franz Schuberts späte Klaviersonaten.
Wenn ein junger Pianist sich gleich in einem seiner ersten Alben Schuberts große A-Dur-Sonate vornimmt, ist schwingt immer die Gefahr des Sich-Überhebens mit. Nun wagt diesen Schritt der gerade 25 Jahre alte Eric Lu, 2018 Leeds-Gewinner. Er paart Schuberts Spätwerk mit dessen a-Moll-Sonate D 784 und bindet beide Werke durch das Allegretto in c-Moll. Ja, Lu ist dieser großen Aufgabe gewachsen, und zwar auf denkbar erstaunliche Weise. Er verfügt über einen Anschlag, der ihm eine liedhafte Gestaltung erlaubt, er bringt aber auch Sinn für Timing, für Balance und dramaturgische Gestaltung mit, und das nicht zu knapp. Im langsamen Satz von D 959, wo wahrhaft extreme Welten durchmessen werden, bewahrt er Übersicht und taucht dennoch tief in Schuberts Kosmos ein. Lu präsentiert sich nicht als Hurra-hier-bin-ich-Künstler, sondern als jemand, dessen Spiel Bodenhaftung und reflektiven Geist verrät.
© Ben Ealovega

Eric Lu
Schubert: Klaviersonaten D 784 & D 959
Eric Lu (Klavier)
Warner Classics
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